28.10.2012

Gastfreundlichkeit in El Dorado



Hallo liebe Lesenden,

wir melden uns nach drei sehr schönen Tage in El Dorado, wo wir (erneut) die Gastfreundlichkeit der Australier genießen durften. Die Unterkunft für uns drei hatten wir erneut über airbnb gefunden, und wir wurden mal wieder nicht enttäuscht. Wir hatten ursprünglich nach einer Unterkunft rund um Albury / Wodonga gesucht und schließlich in El Dorado gelandet, einem kleinen Kaff bei Wangaratta. Die beworbenen Bilder versprachen schon eine schöne, gemütliche Unterkunft. Was uns dann aber in der Realität erwartete, überstieg unsere Vorstellung deutlich. Ein wunderschönes Cottage mit zwei Schlafzimmern, zwei Wohnzimmern, einer großen Essküche und einem kleinen, behaglichen Bad. Wir fanden nicht nur einen gefüllten Kühlschrank vor, sondern auch einen feuerbereiten Kamin und reichlich Infomaterial zur Umgebung. Zudem bietet Sandy, unsere Vermieterin, selbst geführte Weintouren an, aber dazu gleich mehr.

Nach der Ankunft am Mittwochabend gab es zunächst ein selbst gekochtes Abendessen, bevor wir den Resttag gemütlich ausklingen ließen. Am nächsten Tag haben wir dann angefangen die Umgebung zu erkunden. Zunächst ging es zur El Dorado Dredge, einer unter Denkmalschutz stehenden, schwimmenden Goldförderanlage. Man muss sich das Ganze als einen geduckten Förderturm auf einem Floss vorstellen, der Mitte des 20. Jahrhunderts in der Gegend genutzt wurde. Am einen Ende wird der Grund des Flusses/Sees ausgebaggert, in der Mitte das Gold herausgefiltert und am anderen Ende das Restmaterial wieder abgelagert.

Im Anschluss zog es uns nach Beechworth, einer ehemaligen Goldgräberstadt, in der das alte Stadtzentrum noch schön erhalten ist. Ein bisschen Wilder Westen in Australien mit historischen Gebäuden, wie etwa Bankgebäuden, die einen extra Eingang zum „Gold Office“ aufweisen. Etwas abseits entdeckten wir einen Antiquitätenladen in einer ehemaligen Kirche, dessen Besitzer sich als Dieter Bach vorstellte. Er ist ein deutscher Immigrant aus Köln, der seit 50 Jahren in Australien lebt und wunderbare alte Möbel verkauft - hervorragend erhaltene oder aufgearbeitete Stücke aus dem 19. Jahrhundert wie ein toll gearbeiteter Sekretär aus rot-braunem Zedernholz oder eine gerade verkaufte holländische Wanduhr aus dem Jahr 1820. Uns fehlte aber dann doch das nötige Kleingeld und so ging es weiter nach Wangarrata, wo wir den Restnachmittag in einem gemütlichen Café verbrachten und dort zufälligerweise mit David ins Gespräch kamen, der eigentlich nur ein paar Werbeplakate für ein Jazzfestival aufhängen wollte, unser Gespräch auf Deutsch mitbekam und uns daraufhin ansprach - eine Begegnung mit (positiven) Folgen, wie sich noch herausstellen sollte. David berichtete uns, dass seine Frau Roslyn Deutschlehrerin sei und ihre Kinder alle mehrfach zum Austausch in Deutschland gewesen sind. Am Ende des Gesprächs tauchte auch sie auf und die beiden luden uns spontan zu sich nach Hause ein, um das Internet bei ihnen zu nutzen - das Internet im Café funktionierte nicht und wir wollten natürlich gerne den Blog aktualisieren. Gesagt, getan! So saßen wir also auf einmal bei einer australischen Familie zuhause und unterhielten uns herzlich über deren Zeiten in Deutschland und unsere Reisen in Australien. Wie sich herausstellte ist ihr 80-jähriger Vater Deutscher und wohnt mit seiner Frau nebenan. Nach einiger Zeit war es für uns Zeit aufzubrechen, aber David und Ros luden uns ganz spontan für den Samstagabend zum Känguruessen ein. Verrückt, aber so etwas passiert, wenn man auf Reisen geht.

Erst stand uns aber noch der Freitag bevor, und für diesen Tag hatten wir unsere Gastgeberin für eine geführte Weintour (s.o.) gebucht. Als „designated driver“ fuhr sie uns in unserem Mietwagen den ganzen Tag von einem Weingut und Feinschmeckerladen zum zum nächsten. Angefangen haben wir in der Milawa Gourmet Region in einem Café, bevor es zum ersten Weingut ging. Brown Brothers ist ein Großbetrieb, der vom Prosecco/Champagner bis zum süßen Dessertwein alles anbietet. Wie überall in Australien kann man auch bei deren Cellar Door unter hervorragender Beratung soviel und so lange probieren, wie man möchte (und durchhält). Nachdem wir drei uns einmal durch deren halbe Karte geschmeckt hatten, war es an der Zeit weiterzufahren. Nächste Anlaufpunkte waren eine Käserei und ein Senfmühle, bei der wir uns vom süßen Honigsenf bis zum Tripple-Chili-Senf durch die ganze Bandbreite getestet haben. Weiter ging es zum nächsten Weingut, dem kleinen King River Estate. Der Wein in diesem Weingut wird vornehmlich nach biologischem Prinzip angebaut, also ohne Einsatz von Chemikalien usw. Hier haben wir uns für die letzten Tage in Australien einen leckeren roten Sangiovese mitgenommen. Weiter, immer weiter – dieses Mal zur Gracebrook Vinery, wo uns hervorragendes Mittagessen in einer ehemaligen Scheune serviert wurde. Am Nachmittag standen dann noch die von ausgewanderten Italienern gegründeten Weingütern Dal Zotto und Pizzini auf dem Programm, die uns durchgehend mit tollen Rotweinen überzeugten. Wir konnten uns nicht ganz zurückhalten und haben noch eine Flasche für den Känguruabend und eine für uns mitgenommen. Irgendwie sind wir auf den Geschmack gekommen :-) Wie ihr euch vorstellen könnt, war am Abend nicht mehr besonders viel mit uns anzufangen und so verbrachten wir die letzten Stunden des Tages auf der Couch in unserem gemütlichen Cottage, mit wärmendem Kaminfeuer und den Leckereien aus der Region.

Nach der freitäglichen Völlerei musste am Samstag mal wieder ein Bewegungsprogramm her. Auf mehrfache Empfehlung hin fuhren wir zum Mt. Buffalo Nationalpark, wo wir bis zum späten Nachmittag mehrere kleine Wanderungen unternahmen. Nachdem wir ein paar Wasserfälle und Aussichtspunkte besucht hatten, ging es am Ende zum sprichwörtlich krönenden Abschluss noch zu „The Horn“, der Bergspitze auf über 1.700 Metern Höhe. Hier eröffnete sich uns bei bestem Wetter ein schöner 360° Blick auf die weite Landschaft zu unseren Füßen. Danach mussten wir uns beeilen wieder zurück zu kommen, denn wir waren ja für 18:30 Uhr zum Känguruessen eingeladen. Unsere Gastgeber David, Ros und ihre Mutter Alexia überraschten uns erst einmal mit Früchten, Käse und Gourmet-Dips zur Vorspeise, bevor es dann zum Hauptgang mexikanisch angehauchte Kängurulasagne gab - eine sehr leckere Kombination, dazu Kartoffeln, Salat, Bohnen und natürlich Rotwein. Zur Nachspeise wurde uns dann noch Eis mit frischen Beeren aufgetischt und (natürlich) deutscher Schnaps gereicht. Die ganze Familie und das ganze Haus atmete Deutschland: Biersteine über dem Kamin, Küchentücher mit aufgestickten deutschen Sprüchen und natürlich reichlich deutsche Sprache, Lieder usw. Es fehlte nur Roslyns deutscher Vater, der leider mit einer dicken Erkältung im Bett lag. Alles in allem war es ein herrlicher Abend zu sechst, geprägt von einer einnehmenden Herzlichkeit und Gastfreundlichkeit. Ein tolles und mit Sicherheit auch prägendes Erlebnis.

Nach über 7 Stunden Fahrt sind wir heute Abend in Sydney angekommen und haben Carstens Mutter an ihrem Hotel abgesetzt, wo sie morgen früh ihre Reisegruppe für die kommenden zwei Wochen treffen wird. Für uns geht es am Freitag weiter nach Singapur und wir werden versuchen uns vorher nochmal mit einem Bericht zu Australiens heimlicher Hauptstadt zu melden.

Bis dahin verbleiben wir wie immer mit lieben Grüßen in die Heimat,

Carsten & Simone


25.10.2012

Von Koalas und Pinguinen


Hallo zusammen,

nachdem Carstens Mutter am Samstagmorgen in Melbourne angekommen ist, um uns ein paar Tage auf der Reise zu begleiten, melden wir uns zum ersten Mal zu dritt.

Nach den Tagen in den Grampians war es mal wieder Zeit für eine Großstadt. Melbourne, zweitgrößte Stadt Australiens, begrüßte uns mit ihrer Skyline schon aus weiter Ferne. Dank gesperrter Autobahnen, verwirrendem Routenplaner und schlecht ausgeschilderten Straßen gestaltete sich die Anfahrt etwas schwieriger als geplant, am Ende aber doch noch erfolgreich. Wir hatten mal wieder über airbnb eine Unterkunft gebucht, da man auf diesem Weg auch Apartments mit zwei Schlafzimmern zu vernünftigen Preisen bekommt. Von außen wirkte das Ganze zwar etwas heruntergekommen, von innen überraschte es aber mit einer sehr schönen und gemütlichen Einrichtung. Einziger Minuspunkt: in der ganzen Wohnung war kein einziger Tisch zu finden. Man fragt sich schon, wer eine vollausgestattete Küche hat, aber keinen Ess- oder Couchtisch, an dem man sich zum Essen niederlassen kann. Naja, es gibt schlimmeres.

Am Samstagmorgen ging es dann in aller Frühe zum Flughafen, wo Carstens Mutter nach langem und anstrengendem Flug aus Frankfurt über Singapur ankam. Am ersten Tag haben wir es naturgemäß etwas ruhiger angehen lassen. Bevor abends gemütlich gekocht wurde, sind wir ein bisschen durch die Innenstadt und den Hafenbereich geschlendert. Für Touristen gibt es eine hervorragende Infrastruktur. Wie in allen australischen Städten gibt es eine zentral gelegene und mit freiwilligen Mitarbeitern besetzte Touristeninformation, die mit extrem guter Auskunft aufwarten. Bislang einzigartig sind die kostenfreien Straßenbahnen und Busse für Touristen. Während man in (fast) allen anderen Städten weltweit teure Bustouren kaufen muss, die einen von Attraktion zu Attraktion kutschieren, gibt es das in Melbourne kostenlos. Die historische Tram zieht ihre Kreise um die Innenstadt, während die Busse 14 touristische Punkte in der Stadt anfahren. Klasse!



Für den Sonntag war der erste von zwei Tagesausflügen geplant, es ging zur weltbekannten Great Ocean Road. Gebaut in Erinnerung an die Soldaten aus dem Bundesstaat Victoria, die im Ersten Weltkrieg für das Empire gekämpft haben, schlängelt sich die Straße von Torquay nach Warrnambool an der Küste entlang. Kleine Städtchen sollen zum Verweilen einladen, bieten aber kaum mehr als durchschnittliche Touristeninfrastruktur. So ist man die meiste Zeit mit dem Auto unterwegs, fährt vorbei an goldenen Stränden, an denen sich Surfer für die nächste große Welle bereit machen, dicht bewaldeten Hängen und schroffen Steilküsten. Leuchttürme, „Scenic Lookouts“ und inoffizielle Haltebuchten bieten sich für schöne Fotostopps an. Leider spielte das Wetter nicht ganz mit. Dicke Wolken verhinderten schöne Bilder und Regenschauer verkürzten so manchen Zwischenhalt. Trotzdem verging die Zeit wie im Fluge und wir ließen hunderte Kilometer Strecke hinter uns. 


Eines der letzten Ziele war Cape Otway, wo es einen Leuchtturm mit schöner Sicht auf die Küste geben sollte. Unsere Fahrt dorthin wurde in einem vorgelagerten Eukalyptuswald jäh unterbrochen – von dutzenden, wenn nicht gar hunderten Koalas! Rund um die Straßen waren die Bäume voll von den klettergewandten Beuteltieren. Die meisten dösten friedlich vor sich hin und ließen sich von uns fotografierenden Touristen in keinster Weise stören. Wir konnten bis auf wenige Zentimeter an die Tiere ran, hätten sie auch berühren können, wenn wir denn gewollt hätten. Auf kleinem Raum ließ sich viel entdecken und beobachten: Muttertiere saßen mit ihrem Nachwuchs in den Bäumen, einige Koalas stritten sich um die besten Ruheplätze, andere hangelten sich auf Suche nach den besten Blättern wagemutig zwischen den Ästen umher, einer saß sogar am Boden und fraß gemütlich vor sich hin. Ein tolles Erlebnis!


Letzter Anlaufpunkt an dem Tag waren die „Twelve Apostel“, eine Reihe weltberühmter Felsen entlang der Küste. Endlich taten die Wolken mal was Gutes. In Verbindung mit der tollen Landschaft und dem Dämmerlicht gab es nicht nur grandiose Ausblicke, sondern auch ein paar gute Fotomöglichkeiten. Nach Sonnenuntergang ging es wieder zurück, diesmal über die Highways im Inland, stets auf der Hut vor Kängurus und anderen einheimischen Tieren, die nachts gerne mal über die Straßen laufen.



Den sonnigen Montag haben wir wieder in Melbourne verbracht, eine Bustour durch die Stadt unternommen und den Botanischen Garten besucht. Am Dienstag ging es dann auf den zweiten geplanten Tagesausflug, dieses Mal nach Phillip Island, berühmt für seine allabendliche „Penguin Parade“. Nach einem kurzen Stop am Queen Victoria Market in Melbourne, eineinhalbstündiger Fahrt, leckerem Mittagessen in der größten Stadt auf Phillip Island und ein paar Spaziergängen an der Küste ging es am Abend zum Pinguinzentrum. Das Besondere hier: man kann von Tribünen aus jeden Abend bei Sonnenuntergang bis zu 2000 kleine Pinguine bei ihrer Rückkehr zum Strand beobachten. Die Tiere kommen nach einem Tag im Wasser auf der Jagd nach Futter zurück an Land, um zu ihrem Nest und den Jungtieren zurückzukehren. Es ist wirklich putzig zu beobachten, wie die nur maximal 33cm großen Pinguine in Gruppen am Strand landen, sich dann die Böschung hochmühen und sich schließlich unter großem Geschrei an ihren Konkurrenten vorbei zu ihren Partner durchkämpfen.

Mittlerweile sind wir Eldorado angekommen und verbringen hier ein paar Tage auf unserem Weg nach nach Sydney, unserer letzte Station vor Asien. Wir melden uns dann nach Sonntag wieder.

Viele Grüße

Simone & Carsten



19.10.2012

Stadt und Land


Nach unserer Rückkehr aus Alice Springs ging es zu unserem zweiten Couchsurfing-Gastgeber in Adelaide -George, 37, maltesischer Australier, IT-Berater, gastfreundlich, witzig, nur weibliche Freunde, Spitzname "Moto Moto" (für alle, die den zweiten Madagaskar-Film kennen). Schon am ersten Abend kam ein Teil seines "Harems" zum Filmabend vorbei. Auf einer weißen Wand im Garten lief per Beamer "Der Diktator", dazu Drinks und ein Lagerfeuer, genau das richtige Programm also, um ein herrliches Wochenende in Adelaide einzuläuten.

Den sonnigen Samstag konnten wir nutzen, um uns endlich Adelaide selbst anzusehen. Die Stadt hat zwar insgesamt 1.000.000 Einwohner, aber einen beschaulichen Stadtkern, den man sehr gut zu Fuß erkunden kann. Der schöne botanische Garten lädt zum Spazieren und Faulenzen ein, viele Cafés und Bars säumen die Straßen und die Fußgängerzone (Rumble Mall) hat für Shopping-Freunde einiges zu bieten. Vor allem die älteste Einkaufshalle der Stadt, die Adelaide Mall, ist mit ihren außergewöhnlichen Geschäften, den schön gefliesten Böden und Verzierungen etwas Besonderes. Nachdem wir bei herrlichem Wetter unseren Stadtrundgang beendet hatten, wurde der Abend eingeläutet. Bei Freunden von George gab es ein paar Drinks, dann ging es weiter in die Stadt...

Am Sonntag war dann erst mal ausschlafen angesagt. Als wir uns gegen Mittag aufraffen konnten, ging es in die Umgebung von Adelaide -  grüne Hügel, Weinberge, Melba's Schokoladenfabrik und das von Deutschen gegründete Hahndorf. Ungeachtet der Tatsache, dass die deutschen Pioniere Lutheraner aus dem Münsterland waren, lief fröhliche bayerische Musik, es gab viele Würste, kitschige Souvenirläden, aber auch ein, zwei schöne Geschäfte mit deutschen Lebensmitteln oder Kunsthandwerk, zum Beispiel echte Schwibbögen aus dem Erzgebirge. Und was hilft besser nach einer durchgefeierten Nacht als ein schönes Schnitzel???

Und am Montag war es dann endlich so weit - unsere erste Begegnung mit Koalas :-) Im Gorge Wildlife Park konnten wir die kuscheligen Beuteltiere (richtig, Koalas sind Beuteltiere, KEINE Bären) nicht nur ansehen, nicht nur streicheln, sondern sogar halten!!! Und das sogar ohne schlechtes Gewissen, denn Koalas schlafen über 20 Stunden und fressen die übrige Zeit Eukalyptusblätter, die sie schläfrig und ziemlich entspannt machen. Der Kontakt mit uns Besuchern war dementsprechend stressfrei für den Koala, der einfach die ganze Zeit weiter gefressen hat. Neben den Koalas gab es Wallabys und Kängurus, darunter auch seltene Albino-Kängurus, viele Vögel, Krokodile, Äffchen und sonstiges Getier. Wirklich schön. Am Abend ging es dann noch einmal mit Sam, unserem ersten Couchsurfing-Host in Adelaide, ins Kino und zum Inder. Alles in allem haben wir ein wirklich wunderbares langes Wochenende in Südaustralien verbracht.

Dienstagmorgen ging es dann weiter in die Grampians, zu Damien, unserem nächsten Couchsurfing-Host, der auf einer Farm im australischen Nirgendwo lebt - und das fast ohne Möbel (okay, er ist gerade erst eingezogen, aber es war trotzdem eine ungewöhnliche Unterkunft). Für uns gab es aber ein voll ausgestattetes Gästezimmer. Das Grampians Gebirge ist eine Bergkette, die sich in Victoria zwischen Horsham, Stawell und Hamilton von Nord nach Süd erstreckt und sich durch schroffe Felswände einerseits und weite Täler voller Eukalyptuswälder und Seen andererseits auszeichnet. In dieser schönen Landschaft konnten wir bei gutem Wetter einige kleinere Wanderungen unternehmen durch Canyons und enge Felsschluchten, auf Berspitzen und Wasserfällen entlang. Und zum Schluss konnten wir uns noch an der anspruchsvollsten Minigolfanlage überhaupt versuchen - ein Muss für jeden, der mal in Halls Gap vorbeischaut.

Und heute ging es dann nach Melbourne, wo wir die Ankunft von Carstens Mutter erwarten. Noch zwei Wochen Australien liegen vor uns, und wir freuen uns drauf.

Neue Bilder gibt es also sowohl in der Galerie zu Adelaide als auch zu den Grampians. Und Emil wurde selbstverständlich auch abgelichtet :-)

Viele Grüße in die Heimat,

Simone & Carsten


12.10.2012

Halbzeitbericht: Roter Wein und Rotes Zentrum

Am gestrigen Donnerstag war für uns Halbzeit für die große Reise um die Welt. 69 Tage seit Abflug in Köln/Bonn, 69 Tage bis wir wieder genau dort ankommen. 69 Tage, in denen wir netten Menschen begegnet sind und viel schönes gesehen und erlebt haben. Noch 69 Tage Zeit, um weiter Australien zu erkunden und das große Abenteuer Südostasien zu begehen.

Jetzt geht es aber erst einmal darum die vergangene Woche Revue passieren zu lassen. Unser Weg nach Australien führte von Christchurch über Auckland nach Adelaide, wo wir nach längerer Zeit mal wieder eine Unterkunft über Couchsurfing ausgemacht hatten. Nach Abholung unseres Mietwagens quartieren wir uns also bei Sam ein, einer 41 Jahre alten Sozialarbeiterin, die zeitgleich noch ein Mädel aus Holland zu Gast hatte. Dank unserer vorangegangenen, sehr schlaflosen Nacht im Auto und Flugzeug verlief der restliche Freitag sehr ruhig mit ausruhen, kochen und interessanten Gesprächen. Sam geht nicht irgendeiner Sozialarbeit nach, sondern hat mit den Abgründen der Gesellschaft zu tun. Sie schreibt Beurteilungen über Gefängnisinsassen, hat mit Kindesmisshandlungen und häuslicher Gewalt zu tun und schiebt Schichten am Notfalltelefon für Opfer sexuellen Missbrauchs – alles im Dienste einer Regierungsbehörde. Wir könnten diese Arbeit niemals tun, ohne nicht völlig den Glauben an das Gute im Menschen zu verlieren. Umso größer ist unser Respekt vor ihr! Und sie hat darüber hinaus noch einen klasse Humor und ist sehr herzlich.

Am Samstag hatte sie uns drei Gäste auf eine Weintour durch das McLaren Vale eingeladen, eine Gegend für das Schöne und Leckere im Leben. Gute Restaurants, gemütliche Cafés, eine handvoll Mikrobrauereien und natürlich dutzende Weingüter laden hier die Gäste ein. Weinproben sind völlig kostenfrei und ungezwungen. Man kommt einfach zu diesen „Cellar Doors“, wird in jeder Stube herzlich empfangen und darf sich durch die Weinliste schmecken. Die Menschen sind freundlich, offen und hilfsbereit, völlig unabhängig von ihrer Nationalität. Egal ob Australier, Schotten, Engländer, Iren – irgendetwas scheint das Land mit den Menschen zu machen, die hier leben. Wir besuchten eine Reihe von Weingütern, die alle mehr zu bieten haben als nur Wein. Bei der ersten Weingut, der Settlement Vinery, konnte man den fantastischem Shiraz bei einem tollen Blick auf das Tal und die umgebenden Hügelketten probieren. 
Die Woodstock Vinery hat neben großartigem Cabernet ein eigenes kleines Tierreservat, wo kranke und verletzte Kängurus und ein Koala leben. Die Shingleback Vinery wiederum ist bekannt für ihren Schokoladenwein, der uns aber überhaupt nicht geschmeckt hat (Wein und Schokolade = lecker, Schokolade im Wein = eher nicht). Zwischendurch haben wir nach dem Mittagessen auch eine der kleinen örtlichen Brauereien besucht. Goodieson's Brewery ist nicht größer als eine durchschnittliche Sporthalle, macht aber schmackhaftes Bier. Die beiden Besitzer haben vor langer Zeit mal in Österreich gelebt und waren fasziniert von der Auswahl und Qualität von Bieren in Deutschland. Sie haben über fast 15 Jahre hinweg kontinuierlich auf die Gründung ihrer eigenen Brauerei hingearbeitet und brauen heute saisonabhängig ihr Pilsner, Pale Ale, Weizenbier, Maibock und andere Sorten. Eine tolle Geschichte! Wir ließen uns natürlich gerne vom tollen Geschmack der örtlichen Produkte überzeugen und deckten uns ein bisschen mit Wein und Bier ein. Ein paar gute Abende sind uns in jedem Fall gewiss :-)

Am Sonntag brachte uns Sam dann zum Bahnhof und wir verließen Adelaide in Richtung Norden, auf einen völlig bekloppten Trip. Wir hatten uns erst vor zwei Wochen entschieden (nochmal) unser Erspartes zusammen zu kratzen und eine Extratour organisiert, denn vier Wochen Australien zu bereisen ohne das Great Barrier Reef und ohne den Uluru (Ayers Rock) zu sehen, erschien uns irgendwie falsch. Zeit und Kosten abwägend blieb als Möglichkeit nur der Uluru und so saßen wir also am Sonntagmittag im weltberühmten Ghan Zug. Benannt nach den afghanischen Kameltreibern, die bis 1929 den Personen- und Warenverkehr zwischen dem australischen Norden und Süden sicherstellten, verkehrt der Ghan heute zwei Mal wöchentlich in beiden Richtungen zwischen Adelaide im Süden und Darwin im Norden. 2.979km in 54 Stunden bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 85 km/h quer durch den Kontinent. Bei Einzelbesetzung umfasst der Ghan 16 Wagons, 471 Meter Länge und 850 Tonnen Gewicht (+ 132t Lokomotive). Und das gibt es auch noch als Doppelbesetzung, also alles mal zwei! Der Zug verlässt Adelaide Richtung Norden und durchquert zunächst weite Getreidefelder. Nach einigen Stunden wandelt sich die Landschaft und man erreicht die endlose Steppenlandschaft des australischen Outbacks. Trockene Gräser und Büsche stehen in hartem Kontrast zur allgegenwärtigen roten Erde.

Unser Ziel war Alice Springs, ungefähr auf der Hälfte der Strecke. 24 Stunden Zugfahrt in der Holzklasse, die für sich aber schon mit sehr viel Beinfreiheit und ganz bequemen Sitzen aufwartete. Wir hatten das Glück eine freie Vorderreihe zu haben, und da diese sich drehen ließ, konnten wir uns gut über den 4er Bereich ausbreiten. Die Fahrt verlief völlig komplikationslos, vom wenigen Schlaf mal abgesehen. Am Montag in Alice Springs angekommen konnten wir feststellen, dass sich nicht nur die Landschaft, sondern auch das Wetter deutlich verändert hatte. 36° Grad im Schatten ließen uns den Rest des Tages nicht aus jenem weichen. Wir beschlossen nicht in die Innenstadt zu gehen, sondern verbrachten den Nachmittag und Abend in dem kleinen Hostel, in das wir uns eingemietet hatten. Unser Doppelzimmer bestand aus einem der im Garten geparkten Wohnwagen. Auch mal ein neues Konzept. Aber das Bett war halbwegs bequem und es gab kostenfreies Internet und Frühstück. Sehr gut!


Am Dienstagmorgen hieß es dann früh raus aus den Federn, denn um 6 Uhr startete unsere 2-Tagestour zum Kings Canyon und Uluru. Warum so früh? Nun, es muss keiner denken, dass man den Uluru von Alice Springs aus sehen könnte. Das Red Center ist RIESIG, erstreckt sich über unendliche Weiten. Eine einzelne Rinderfarm mit 5000 Tieren hat da gerne mal die Größe Belgiens! Und es gibt eine Menge Farmen dort! 

Es brauchte 6 Stunden Busfahrt (mit Pausen) um uns nur zum Kings Canyon zu bringen. Hier sieht man, woher das Red Center seinen Namen hat. Rote Erde soweit das Auge reicht und roter Stein, der sich links und rechts vom Canyon erhebt. Leider konnten wir nur die kurze Wanderung durch den Canyon unternehmen, denn bei über 40° im Schatten um 12 Uhr und weiter steigenden Temperaturen wäre es unverantwortlich gewesen, den Rim Walk oberhalb des Canyon anzugehen. Als wir ankamen erfuhren wir, dass gerade erst ein dehydrierter Tourist von den Flying Doctors evakuiert werden musste. Kein Wunder, wenn man geschätzt 1 Liter Flüssigkeit pro Stunde verliert, ohne es zu bemerken. Bei diesen hohen Temperaturen verdunstet der Schweiß so schnell, dass man gar nicht wahrnimmt, dass man schwitzt. Unser Tourführer sagte uns vorab, dass er niemanden mitnimmt, der nicht mindestens 2 Liter Wasser bei sich hat.


Trockene Hitze, über 40° Grad Celsius und rote Erde klingen nach Wüste? Weit gefehlt! Es regnet im Schnitt ca. 350mm/Jahr, also zumindest knapp die Hälfte wie zuhause. Mit dem kleinen Unterschied, dass die Regenmenge im Outback an vereinzelten Tage im Jahr zusammenkommt. So gibt es denn auch im Kings Canyon einen Bach, der die meiste Zeit im Jahr trocken ist, aber an den wenigen Regentagen im Jahr Menschen wegreißen kann. Im Outback überspannen Brücke große Flussbetten und überall an den Straßen stehen Schilder, die vor Überflutung warnen. Und es geht noch überraschender: Im Outback gibt es heutzutage – dank moderner Technik – für Menschen keine Wasserknappheit mehr. Ein riesiges unterirdisches Wasserbecken erstreckt sich seit 350 Millionen Jahren von den Philippinen, unter dem Pazifik hindurch bis in das australische Outback. Das Wasser unterquert die Landschaft teilweise in nur 15 Metern Tiefe. Man erkennt es an den Desert Oaks (Wüsteneichen), die mit ihren Wurzeln diese Wasserschichten erreichen. Diese und andere Pflanzen sind Grundlage für eine erstaunliche Artenvielfalt, von der wir nur wenige große Tiere gesehen haben: die unvermeidlichen Kängurus und Emus, wilde Pferde und Kamele, Dingos und große Adler mit bis 2,5 Meter Flügelspannweite.

Nach dem Kings Canyon, der leider nicht ganz so beeindruckend war, wie viele Touranbieter propagieren, ging es ein paar hundert Kilometer zurück nach Erldunda. Ein kleiner Haufen Häuser im Nirgendwo am Stuart Highway, der das Outback in Nord-Süd-Richtung durchquert - insgesamt nicht mehr als eine Tankstelle mit Bar, Kiosk und angeschlossenem Motel, wo wir die Nacht auf unserer 2-Tagestour verbrachten. Am nächsten Morgen ging es von hier mit einem aus Alice Springs kommenden Bus weiter. 

Unsere Ziele an diesem zweiten Tag waren die Kata Tjuta (The Olgas) und der Uluru (Ayers Rock). Über Nacht hatte es deutlich abgekühlt. Die Hitzewelle wurde durch eine starke Windfront vertrieben, die leider nicht nur die Temperatur auf angenehme 26° senkte, sondern auch eine Menge Sand und Asche aufwirbelte. Und so war leider die Sicht auf die bei tollem Wetter mit Sicherheit beeindruckenden Gesteinsformationen stark eingetrübt. Ein kurzer Halt an den Olgas war auch zu wenig, um sich ein gutes Bild dort machen zu können. 

Am Uluru machten wir mehrere Stationen, besuchten das (aus unserer Sicht wenig gelungene) Kulturzentrum der Aborigines und hatten mehrere kurze Wanderungen am größten Mololithen der Welt. Es ist schon mal interessant, diesen solitären Felsen aus rotem Sandstein im Nirgendwo des australischen Outbacks zu sehen. Auf Bildern und aus der Entfernung sieht man ja meist nur den großen roten Klotz in der Landschaft stehen, dabei ist er deutlich vielseitiger: mal schroff, mal ganz glatt geschliffen, mit tiefen Einbuchtung, Wasserbecken und Höhlen, in denen die Aborigines Malereien hinterlassen haben, die Auskunft geben über Wasserstellen und Jagdgebiete. Viele Stellen rund um den Uluru sind den Aborigines heilig und die markantesten Felsformationen interpretieren sie als Zeugnisse ihrer Mythen und Geschichten.

Am Abend gab es dann noch ein Barbecue mit Sicht auf den Uluru, in Gesellschaft zahlreicher anderer Reisegruppen. Leider verging der Sonnenuntergang auf Grund der schlechten Sicht wenig beeindruckend und so verließen wir dann auch recht zügig den Nationalpark in Richtung Alice Springs. Gut fünf Stunden später erreichten wir unser Hostel mitten in der Nacht und fielen erschöpft in die Betten. Nach ein paar Stunden Schlaf ging es am Donnerstag mit dem Ghan wieder in Richtung Adelaide. Hier hatten wir Glück im Unglück. Wir fanden wieder einen freien 4er-Bereich, hatten aber leider zwei Leute vor uns sitzen, die … nun ja – stanken. Man kann es nicht anders sagen. Auch den anderen Gästen und dem Zugpersonal fiel es schnell auf, sie konnten aber selbst mit dem Einsatz von Deo und Desinfektionsmittel wenig erreichen. Es war wirklich unerträglich und so wurden wir beide am Ende tatsächlich in die höhere Zugklasse hochgestuft, hatten unsere eigene 2er-Kabine mit richtigen Betten und waren darüber nicht gerade unglücklich. So ließ es sich doch entspannter nach Adelaide zurückreisen.

Jetzt sind wir wieder im Süden und haben über 4.600 km mit Bus und Bahn in knapp 120 Stunden hinter uns gebracht. Unser Fazit: Uluru und Kings Canyon sind auf jeden Fall eine Reise wert, aber so einen Aufwand für so einen kurzen Aufenthalt würden wir nicht nochmal betreiben. Die Fahrerei raubt einem einfach extrem viel Zeit, und die braucht man eigentlich vor Ort, um sich alles in Ruhe angucken zu können.

Vielen Dank fürs Lesen dieses extra langen Berichtes und beste Grüße in die Heimat

Simone & Carsten  

PS: Noch viel mehr Bilder gibt es wie immer in den Fotogalerien!



05.10.2012

Nachtrag: Kontraste


Obwohl wir unseren letzten Post aus Neuseeland schon als Abschlussbericht verfasst hatten, wollen wir noch kurz unsere letzten Eindrücke von der Fahrt nach Christchurch und von Christchurch selbst weitergeben. Wieder einmal konnten wir uns wettertechnisch mehr als glücklich schätzen – auf der knapp 500 km langen Strecke war die Sonne unser stetiger Begleiter, kaum ein Wölkchen trübte den strahlend blauen Himmel. Und erneut ging es durch „Herr-der-Ringe“ Landschaften, über karge, hügelige Graslandweiten, entlang an mehreren tiefblauen Seen, immer flankiert von schroffen, schneebedeckten Bergketten. An jeder Straßenbiegung möchte man anhalten, um dieses wunderschöne, abwechslungsreiche Panorama festzuhalten.

Nachdem auf der Fahrt die positiven Aspekte der geographischen Gegebenheiten Neuseelands so dominiert hatten, konnten wir in Christchurch ihre negativen Auswirkungen sehen. Die Kräfte, die für das wunderschöne Bergpanorama verantwortlich sind, ließen 2010 die Erde um Christchurch beben und richteten verheerende Schäden vor allem im Stadtzentrum an. Und wie wir feststellen mussten, hat sich die Stadt noch nicht von diesem Schock erholt. Das Stadtzentrum um die eingestürzte Kathedrale ist nach wie vor nicht passierbar, als „Red Zone“, Sperrzone, ist es mit Bauzäunen fast komplett abgesperrt. Der Wiederaufbau geht nur langsam von statten, immerhin ist Neuseeland ein eher kleines Land mit eingeschränkten Ressourcen. Zwar gibt es Initiativen, die Stadt wieder zu beleben – so wurden bspw. behelfsmäßig bunte Container als Geschäftsersatz aufgestellt – diese werden aber von den Schutthaufen, Warnschildern und verwaisten Ladenzeilen noch deutlich überlagert. Dazu kommt, dass derzeit ein Bildungs-/ Verwaltungsstreit in der Bevölkerung tobt. Da viele Familien aus der Stadt weggezogen sind, gibt es Pläne, verschiedene Schulen zusammenzulegen, was bei der allgemeinen Bevölkerung auf Zustimmung, in Christchurch selbst aber auf erbitterten Widerstand der Eltern trifft. Und so setzte sich bei uns der Eindruck fest, dass die Stadt noch einen langen Weg der Erholung vor sich hat.

Nach über 3500 km endete unsere Neuseelandreise schließlich an der Mietwagenstation, wo wir für eine halbe Nacht Quartier in unserem Auto bezogen – da wir schon um vier am Flughafen sein mussten, hätte sich eine Nacht im Hotel nicht wirklich gelohnt. Und auch so sind wir, müde aber guten Mutes, in Adelaide angekommen und freuen uns auf die kommenden Wochen.

Bis zum nächsten Update. Viele Grüße,

Carsten & Simone


03.10.2012

Berge und mehr


Hier kommt unsere letzte Meldung aus Neuseeland, bevor es für uns am Freitag in aller Herrgottsfrühe weiter nach Australien geht.

Das Wetter zeigte sich auch in den vergangenen paar Tagen wie schon in der ganzen Zeit hier auf Neuseeland sehr wechselhaft. Nach der sehr angenehmen und landschaftlich schönen Fahrt nach Queenstown bezogen wir letzten Freitag unser angemietetes Gästezimmer bei Rohan und Danielle, die in einem Apartment direkt am See leben. Von hier sind wir am Samstagvormittag bei schönstem Wetter immer dem Ufer folgend in Richtung Downtown gestartet. Dank des Tourismus hat diese kleine 20.000 Einwohner-Stadt eine ganz nette Innenstadt mit zahlreichen Geschäften und guten Restaurants am kleinen Seehafen. Nach einem leckeren Mittagessen und entspannten Stunden ging es am frühen Abend zurück in die Wohnung, wo uns eine kleine Überraschung erwartete: Unsere Gastgeber hatten extra für uns die Herr-der-Ringe-Trilogie auf DVD angeschafft :-)
Nach einigen technischen Schwierigkeiten haben wir uns dann einen schönen Filmabend mit Teil 1 gemacht. Vom Sonntag ist schnell berichtet: Den ganzen Tag Regen, mittags im Pub einen überragenden Rugbysieg der „All Blacks“ gegen die „Pumas“ (Argentinien) gesehen und leckeres Mittagsangebot beim Thai-Restaurant genossen, danach dem Mistwetter die kalte Schulter gezeigt und den Resttag auf der Couch mit den beiden anderen HdR-Filmen verbracht. Was kann an so einem Tag besseres geben, als diese Filme umgeben von den original Drehplätzen zu gucken?

Am Montag ging es dann bei trübem Wetter weiter zu unserem nächsten Ziel, dem Milford Sound im Fjordland Nationpark. Über wie immer hervorragend ausgebaute Straßen sind wir problemlos in das 12.500 Quadratmeter große Naturschutzgebiet gelangt. Den Tälern folgend, bot sich uns eine extrem abwechslungsreiche Landschaft. Saftige Schafwiesen, umgeben von mal weich gezeichneten, mal schroffen Hügeln. Dazu ragten im Hintergrund immer wieder hohe, schneebedeckte Bergkuppen heraus. Die Landschaft des Fjordland Nationalpark, welcher heute als Weltnaturerbe unter besonderem Schutz steht, wurde von Gletschern der Südlichen Alpen in Jahrtausende zurückliegenden Eiszeiten geformt und bietet daher mit seinen Bergketten, Fjorden und Seen schon auf der Fahrt zahlreiche schöne Ausblicke. Je näher wir unserem Ziel kamen, desto mehr musste sich unser kleines Auto die Berge hinauf quälen, und weil fast alle Haltemöglichkeiten wegen Lawinengefahr geschlossen waren, konnten wir leider auch kaum Pausen einlegen. Auch die Vegetation im Nationalpark unterscheidet sich erneut sehr von den bisher durchfahrenen Landschaften. 7000mm Regen im Jahr (im Vergleich Bonn: 600-700mm) und Schneeschmelze sind Grundlage für dichte Regenwälder in den Tälern und an den Berghängen. Dickes Moos überzieht Böden und Bäume, Wasser läuft in hunderten, tausenden kleinen Strömen die schroffen Schieferwände der Berge hinab und zahllose Seen und Flüsse prägen die Landschaft. 

Und hier oben, umgeben von Eis und Schnee entdeckten wir auch eines der berühmtesten, indigenen neuseeländischen Tiere neben dem Kiwi: den Kea. Keas sind die einzigen Papageien auf der Welt, die in alpinen Lebensräumen heimisch sind, und man findet diese schönen und hochintelligenten Vögel nur noch hier auf der Südinsel. Einige von ihnen scheinen gezielt Parkplätze entlang der Hauptstraße aufzusuchen, wo der gemeine Tourist dann den örtlichen Hauptdarsteller ablichtet und sich (verbotenerweise) mit Futter revanchiert.

Sieben Liter Regen pro Jahr kommen natürlich nicht von ungefähr. Westwinde treiben die schwere feuchte Luft vom Tasmanischen Meer zum Festland, wo sie auf die hohen Berge trifft, nicht passieren kann und aufsteigt. Wenn die Luft dann zu schwer wird gibt es – Regen. Die Wettervorhersage für den Milford Sound sieht dementsprechend meistens aus: bewölkt mit Regen, bewölkt mit Schauern, oder einfach nur mal so bewölkt. So war es am Montag bewölkt mit einigen Schauern, am Mittwoch bewölkt mit viiiel Regen und für den Dienstag, unseren einzigen kompletten Tag vor Ort, war immerhin ein trockener Tag vorhergesagt. Was uns der Tag dann aber brachte, war mehr als wir erwarten konnten. Wir hatten für den Vormittag eine Bootsfahrt durch den Fjord gebucht und fuhren bei bewölktem Himmel ab. Innerhalb kurzer Zeit aber riss die Bewölkung auf und am Ende wurde es fast bis zum späten Abend ein traumhaft schöner Tag mit klarem blauen Himmel und viel Sonne. Glück muss man haben!

Die Bootstour war schlicht und ergreifend super. Ein absolutes Highlight der ganzen bisherigen Reise. Links und rechts vom Milford Sound (der ein Fjord ist, aber Sund heißt) ragen hunderte Meter hohe Steilklippen empor, glatt geschliffen von Gletschern während der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren. Bäume krallen sich sich mit ihren Wurzeln in die Felsspalten und begrünen die Hänge, bis ein Sturm oder die Schwerkraft sie in die Tiefe reißt und ganze Baumlawinen in das klare Wasser niedergehen. Regen- und Gletscherwasser läuft an zahllosen Stellen die Wände herab, von winzigen Rinnsalen bis zu 160 Meter hohen Wasserfällen. Dazu natürlich das tiegblaue Wasser des Fjord, in dem sich bei ruhigem Wetter Berge und Himmel spiegeln. Insgesamt ein grandioses Panorama! Dazu konnten wir neben heimischen Pelzrobben auch noch einen Pinguin und Delfine auf unserer Fahrt beobachten.

Den Nachmittag hatten wir noch nicht verplant und sind daher bei dem tollen Wetter spontan wieder auf eine Wanderung gegangen - drei Stunden hin und zurück zum Key Summit über sehr gut ausgebaute Wege. Oben angekommen, konnten wir ein kleines, hochgelegenes Feuchtgebiet erkunden und die grandiose Sicht in mehrere Alpentäler genießen. Und nichts hier ist verbaut und stört den Blick des Naturliebhabers. Keine Stadt, keine Straße, keine Bahnstrecke ist zu sehen, kaum an einer Stelle scheint der Mensch bislang Abdrücke seiner Gegenwart hinterlassen zu haben. (was natürlich nicht ganz stimmt, wenn man über fertige Wanderwege die Gegend erkunden kann und die indigene Fauna durch tierische Immigranten wie Frettchen und Opossums massiv bedroht ist). Was wir mitnehmen aus Milford Sound sind tolle Eindrücke dieser grandiosen Landschaft und die vielleicht beste Fotoreihe der ganzen Reise bislang.

Jetzt ist es mittlerweile Mittwochnachmittag, wir sind für eine Nacht zurück in Queenstown und morgen steht uns noch eine 6-Stunden Autofahrt nach Christchurch bevor, von wo wir dann nach Adelaide abfliegen. Bis zum nächsten Bericht kann es dann etwas dauern, weil wir schon Pläne für die erste Woche in Australien haben. Mehr wird noch nicht verraten, aber ihr könnt euch schon mal auf die kommende Meldung freuen :-)

Beste Grüße in die Heimat,

Simone & Carsten